Aufbauhilfe in Sri Lanka

Im Jahr 2004 verwüsteten die Flutwellen eines Tsunamis die Küste von Sri Lanka, zigtausende Menschen starben. Hans Heinrichs hatte die Insel durch viele Aufenthalte kennen- und liebengelernt. Nach dem Tsunami gründete er einen Verein für den Wiederaufbau, pendelt seitdem zwischen Deutschland und Sri Lanka und leitet die Aufbauhilfe vor Ort.

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Hans Heinrichs: Ich tue meine Arbeit gerne, weil ich Land und Leute über viele Jahre kennen und lieben gelernt habe.

Der Tsunami war im Dezember 2004. Wie sieht es heute in den Küstengebieten aus?

Die Natur hat dafür gesorgt, dass alles wieder schön grün ist. Nur noch vereinzelt findet man Ruinen, die an den Tsunami erinnern.

Vorher gab es zwischen all dem Grün kleine Hotels und Ferienhäuser. Lockt die zerstörte Infrastruktur ausländische Investoren an? Oder kümmern sich vorrangig die Einheimischen um den Wiederaufbau?

Die durch den Tsunami zerstörte Infrastruktur ist wieder hergestellt. Auch die Hotels von den großen Hotelgruppen sind wieder im Betrieb. Die Einheimischen, denen die kleinen Hotels und Gästehäuser gehörten, waren nicht gegen Tsunamischäden versichert. Ihnen fehlt das Geld für den Wiederaufbau. Nur vereinzelt werden mit ausländischer Hilfe wieder kleine Hotels aufgebaut. Meiner Meinung nach wird es zu verstärkten Investitionen kommen, wenn der „Bürgerkrieg“ beendet ist.

Was haben Sie mit Ihrem Verein „Hilfe für Südwest Sri Lanka e.V.“ bis heute erreicht?

Die Liste ist lang. Dank der Spendengelder von über Euro 1 Mio. konnten wir 3 Schulgebäude mit insges. 20 Klassen, 2 Kindergärten, eine Mutter/Kind-Klinik und Wohnhäuser für Tsunamiopfer errichten. Wir haben unzählige beschädigte Häuser wieder instand gesetzt, Frischwasserbrunnen und Toiletten gebaut, Stromanschlüsse und Wasserleitungen gelegt und vielen Menschen in die Selbständigkeit verholfen.

Auch im medizinischen Bereich konnten wir viel helfen: wir errichteten eine Dentalstation in einem Bezirkskrankenhaus, schafften Kühlschränke für Sera und Kompressoren für die Notstromversorgung an und führten Reparaturen und Renovierungen in Krankenhäusern durch. Wir gaben armen Menschen, insbesondere Kindern, Zuschüsse zu Herzoperationen, Augen-OPs, Bypass-OP, Hüftgelenk-OP und Krebs-OP.

Schließlich sponserten wir eine Bein- und eine Unterarmprothese sowie ca. 3.500 Brillen und über 100 Hörgeräte. Arme Schulkinder versorgten wir mit Schuluniformen, Schulschuhen, Rucksäcken und Schulmaterial.

In dem Interview [das Interview ist leider nicht mehr online] geben Sie mehrere Beispiele, wie Sie Menschen in die Selbstständigkeit helfen. Wonach entscheiden Sie, welche Sicherheiten haben Sie, wenn Sie in investieren?

Wir erwarten keine Gegenleistung. Wir führen Personen in die Selbständigkeit, damit die ihre Familien sebst ernähren können und nicht mehr auf fremde Hilfe angewiesen sind. Wir schafften Fischerboote, Fischernetze, Motorsägen, Kompressoren (für Maler und Autowäscher), Nähmaschinen, Verkaufsstände (für Lebensmittel, Fisch und Bäckerei), Maschinen (z.B. zur Herstellung von Zementsteinen oder für eine Reifenreparaturwerkstatt), Tuk-Tuks (Mini-Taxis) und Fahrräder und Motorräder zur Auslieferung von Waren an. Wir bildeten Familien in den Bereichen Gemüseanbau, Pilzzucht und Stuhlflechten aus.

Ich möchte noch mal an die vorige Frage anknüpfen: Als Ihnen der singhalesische Mann sagte, er möchte Steine herstellen, war ja zu entscheiden: Halten wir das für aussichtsreich oder helfen wir einem anderen Menschen mit dem Geld besser? Geht es da nur um Menschenkenntnis?

Man kann den Menschen immer nur vor den Kopf schauen. Wenn wir aber von einem kräftigen jungen Mann mit Familie (vorher in einem Hotel tätig) hören, dass er für seine Familie Geld verdienen möchte, ein Grundstück mit Brunnen besitzt und nur eine Maschine zur Herstellung von Steinen benötigt und die Nachfrage nach Steinen sehr hoch ist, sind die Voraussetzungen für eine Hilfsmaßnahme glaubwürdig gegeben. Natürlich haben wir in der Folgezeit die Aktivitäten geprüft.

Das Klischee vom altruistischen Entwicklungshelfer erfüllen Sie nicht. Dennoch die Frage: Was haben Sie von Ihrem Engagement in dem Inselstaat?

Nur viel Arbeit. Aber ich tue sie gerne, weil ich Land und Leute über viele Jahre kennen und lieben gelernt habe.

Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführer der Firma Sachsenfonds und der Leitung des Vereins?

Zum Start der Hilfsorganisation hat mir meine Geschäftsführertätigkeit viele Türen zu Spendengeldern geöffnet. Seit einem Jahr habe ich mich aus dem aktiven Berufsleben zurückgezogen.

Sie leben einige Monate im Jahr in Sri Lanka, weil Sie sich gesagt haben, Wer hilft in diesem Land nach dem Tsunami, wenn nicht wir? Könnten Sie sich einen anderen Grund denken, Deutschland für längere Zeit oder ganz zu verlassen?

Sri Lanka hat ganzjährig ein angenehmes Klima mit durchschnittlich 27 Grad Wärme. Das mögen meine Frau und ich. Außerdem ist es nicht so hektisch wie in Europa. Man kann dort mit geringen Mitteln viel erreichen und das „befriedigt“ uns. Ganz verlassen würde ich allerdings Deutschland nicht.

Was sollte der deutsche Auswanderer an Voraussetzungen und an Startkapital mitbringen, der nach Sri Lanka gehen will?

Es gibt verschiedene Arten von VISA. Man kann ein Business nach BOI (Board of Investors) beantragen. Dies setzt voraus, dass es sich um ein in Sri Lanka erwünschtes Geschäft handelt und Einheimische eine Anstellung finden.

Eine Alternative ist für über 50-jährige ein 2 Jahres-Visum (mit Verlängerungen um jeweils 2 Jahre) unter dem Programm „My Dream Home Sri Lanka“. Hier sind 15.000 US-Dollar zu hinterlegen und monatlich 1.500 US-Dollar für den Antragsteller und 750 US-Dollar für jedes weitere Familienmitglied zu überweisen, die in die einheimische Währung getauscht werden. Bei diesem Visum ist ein Business untersagt.

Ansonsten ist das Leben in Sri Lanka vergleichsweise preiswert.

… und was sollte er nicht erwarten?

Die Singhalesen haben eine andere Denke als wir Europäer. Sie denken nicht langfristig. Sie suchen immer nur den kurzfristigen Erfolg. Das macht eine Langfristplanung schwierig.

In welcher/n Sprache(n) verständigen Sie sich mit den Einheimischen?

Mit den meisten Personen können wir uns in Englisch unterhalten. Sobald wir aber ins Landesinnere kommen, brauchen wir einen Übersetzer, den wir durch unsere Patenfamilie zur Verfügung haben.

Wie sind die Preise für Lebensmittel und täglichen Bedarf in Sri Lanka?

Dazu einige Einzelpeise:

  • 1 kg Brot kosten etwa 30 Cents (Euro)
  • 0,75 l Bier kostet etwa 75 Cents
  • 1 l Diesel kostet etwa 55 Cents
  • Gemüse und Obst sind sehr preiswert.

Sie haben ein Resident-Visum erhalten. Wo haben Sie es beantragt und wie lange dauerte es bis zur Ausstellung?

Wir haben das Visum unter dem My Dream Home Program bei der Behörde in Colombo beantragt und innerhalb von 3 Wochen erhalten.

Wie läuft ein für Sie typischer Tag in Sri Lanka ab?

Bei unseren Hilfsreisen – drei mal 4 Wochen pro Jahr – starten wir am frühen Morgen, besuchen ca. 10 bis 15 unserer inzwischen 150 Patenfamilien, schauen nach dem Rechten und veranlassen notwendige Veränderungen. Wir fahren zu Not leidenden Familien, die uns Einheimische ans Herz gelegt haben und entscheiden, ob wir helfen können.

Wir kontrollieren die in Auftrag gegebenen Hilfsmaßnahmen.

Am Abend werden unsere Tätigkeiten in einem Bericht zusammengefasst, der dann an alle Spender geht. Denn die haben einen Anspruch darauf, zu wissen, wofür die uns zur Verfügung gestellten Gelder verwandt werden.

Ist Sri Lanka heute durch Frühwarnsysteme besser auf einen neuen Tsunami vorbereitet als 2004?

Nach allem, was man in der Zeitung liest und von Politikern hört, ist das Frühwarnsystem eingerichtet und funktioniert. Eine Katastrophe wie 2004 dürfte sich nicht wiederholen.

Herr Heinrichs, vielen Dank für das Gespräch!

Auf der Vereinswebseite Hilfe für Südwest Sri Lanka können Sie sich über die Arbeit des Vereins informieren und seine Arbeit unterstützen.

veröffentlicht: 30. April 2009, zuletzt bearbeitet: Juli 2021

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