Auswandern nach Frankreich (Teil 2)

Auswandern nach Frankreich hat – unabhängig von landesspezifischen Eigenheiten – einen Vorteil: man bleibt der alten Heimat relativ nahe. Frankreich und Deutschland sind Nachbarländer und näherten sich auch politisch einander an.

Hausfassade

Die durchschnittliche Jahrestemperatur in Frankreich liegt bei 11 Grad. Im Winter liegt das Mittel bei ein bis zwei Grad, im Sommer erreichen die Temperaturen im Schnitt 18 Grad. Die Bretagne und die Normandie sind vom Seeklima geprägt. Im Landessüden herrscht Mittelmeerklima.

Wohnung, Immobilien

Deutsche dürfen in Frankreich Immobilien jeder Art kaufen. Bei vermitteltem Immobilienerwerb zahlt i.d.R. der Verkäufer die Maklerprovision. Achtung: Schon der sogenannte Vorvertrag ist in Frankreich rechtlich bindend. Lassen Sie ihn von einem Notar schließen.

Zu den Mieten in Frankreich: Die große Bedeutung von Paris wurde ja schon erwähnt. Die Mieten liegen dort weit oberhalb deutscher Großstädte.

Auto fahren in Frankreich

Lernt ein Deutscher jemals, wie ein Franzose, ja: wie ein Pariser Auto zu fahren? Die Franzosen sind nämlich die besten Autofahrer der Welt. Es bleibt bitte unter uns, dass die französische Automobilindustrie nicht ganz so berühmt ist wie der französische Wein. Renault, Citroen: ja, der Deutsche hat schon davon gehört. Warum auch nicht, er kennt auch Saab, Subaru und Lada. Und wie gesagt, dafür können die Franzosen besser fahren. Man sieht das zweifelsfrei in der Verfolgungsjagd in „Ronin“ (1998, mit Robert de Niro, Jean Reno, Natascha McElhone); Welches Auto landet im Graben? Der BMW! Wer kann alleine aussteigen? Der Peugeot-Fahrer! So auch im Alltag: Deutsch ist, das Auto akribisch in der Parklücke zu justieren, französisch: Bumm!

Straßenverkehr in Paris

Die mautpflichtigen Autostrecken sind neben Norwegen die teuersten der Welt. Das drückt Autofahren merklich auf den Geldbeutel. Den privaten PKW können Sie zollfrei nach Frankreich mitführen. Spätestens 6 Monate nach Wohnsitznahme muss der Wagen in Frankreich zugelassen werden. Zur zuständigen Service Cartes Grises bringen Sie mit:

  • Fahrzeugbrief, Fahrzeugschein
  • Miet- oder Kaufvertrag
  • Personalausweis oder Reisepass
  • Finanzamtsbescheinigung über Mehrwertsteuerbefreiung oder -zahlung

Mit der Zulassung in Frankreich werden die deutschen Kennzeichen gegen französische Nummernschilder getauscht. Und Sie brauchen ab dann eine französische KfZ-Versicherung. Nun die gute Nachricht: In Frankreich gibt es keine KfZ-Steuer.

Verkehr

Und jetzt kommt die schlechte: Die meisten Autobahnstrecken werden privat betrieben, an Mautstellen müssen alle Benutzer Maut zahlen. Nur wenige Abschnitte sind mautfrei, zum Beispiel im Bereich der Großstädte oder die neue A75. Je nach Verkehrsaufkommen/ Unterhaltskosten wird auch in Großstädten Maut erhoben.

Der öffentliche Nahverkehr ist in den Großstädten gut ausgebaut. In Paris ist kein Ort weiter als 500 Meter von einer Métro Station entfernt. In der Provinz ist der Nahverkehr kaum entwickelt.

Wirtschaft

In Frankreich sind alle Wirtschaftsbereiche vertreten. Die wichtigsten sind der Maschinenbau, Chemische Industrie, Automobilbau, Metallurgie, der Flugzeugbau, Elektronik und die Textilindustrie. Der Staat hat einige Großunternehmen ganz oder teilweise privatisiert, so zum Beispiel die Fluggesellschaft Air France, France Telekom oder der Autohersteller Renault. Nach wie vor ist der Staat einflussreich in einigen Wirtschaftszweigen, die als wichtig gelten: Energieerzeugung, Verkehrswesen und Verteidigung.

In Frankreich gibt es den Mindestlohn SMIC; siehe Teil 1 dieses Länderberichts. In Frankreich gilt die 35 Stunden-Woche.

Die Regierung hält an einer Variante von Kapitalismus fest, in der sie soziale Gleichheit durch Gesetze, Steuerpolitik und Sozialausgaben erhalten und Unterschiede verringern.

Das BIP stieg im Jahr 2015 um 1,1%. Die Arbeitslosenquote lag bei 9,9% im vierten Quartal 2014. Das Wachstum fiel niedriger als als erhofft; zusammen mit den hohen Staatsausgaben belastet das Missverhältnis den Staatshaushalt. Das Haushaltsdefizit ist zwar wieder auf das Niveau vor 2007 gesunken, doch die Staatsverschuldung Frankreichs stieg 2015 auf über 98% des BIP, Tendenz weiter steigend.

Der Staat versucht in der Situation, was er immer tat: Umdirigieren. Was der Sonnenkönig konnte, kann Hollande auch! Ende 2014 plante die Regierung Hollande Liberalisierungen bei Dienstleistungen und die Veräußerung von 6,2 – 12,4 Milliarden des Staatsvermögens. Solche Schritte lassen ahnen, dass die Prognosen sehr düster sein müssen.

Die Steuerbelastung bleibt weit über dem EU-Durchschnitt. Einkommenssteuerkürzungen aus den zurückliegenden zehn Jahren sind teilweise rückgängig gemacht worden, vor allem für höhere Erwerber. Die Mehrwertsteuer in Frankreich beträgt 20,6%. Der ermäßigte Steuersatz für Lebensmittel und andere Produkte liegt bei 5,5%. Die Einkommenssteuer ist progressiv: Je mehr man verdient, desto höher der Steuersatz. Einkommen bis zu einer Höhe von 9.700 € sind steuerfrei. Von 9.700 € bis 25.791 € beträgt der Satz 14%, bei Einkommen bis 71.826 € 30%. Von 71.826 € bis 152.108 € liegt die Einkommenssteuer bei 41%. Und wer mehr verdient (Sie etwa?!), der sollte nicht nach Frankreich auswandern. Wandern Sie nach Andorra aus. Oder machen Sie es wie Gérard Depardieu. Dem gingen die Raubzüge der Regierung gegen den Strich. Er ist aus Frankreich ausgewandert und hat sogar die russische Staatsbürgerschaft angenommen.

Tourismus

Über 84 Millionen Touristen kommen pro Jahr nach Frankreich. Damit ist das Land das meistbesuchte Land der Welt. Sagt die CIA und die sollte es wissen. Allerdings las ich woanders, dass #1 den USA zukommt, gefolgt von Spanien. Wie auch immer: es sind viele Touris, die nach Frankreich kommen.

Einreise nach Frankreich

Als EU-Bürger kann man mit Reisepass oder Personalausweis einreisen. Unbefristeter Aufenthalt in Frankreich ist möglich, solange ein geregeltes Einkommen gesichert ist. Das Auswandern nach Frankreich erweist sich somit für Deutsche als relativ einfach.

Die ersten Schritte in Frankreich

Wenn Sie eine Wohnung mieten, beachten Sie:

  • Der Gesetzgeber schützt Menschen in finanziellen Notlagen. Das bedeutet, ein Vermieter kann einem Mieter bei Mietrückstand nicht einfach kündigen.
  • Dieses Risiko kompensieren Vermieter durch eine Mietausfallversicherung. Die gibt es nur, wenn man ein ungekündigtes und unbefristetes Arbeitsverhältnis nachweist. Kurz nach der Ankunft ist das oft nicht der Fall…
  • Maklerbüros sind oft wählerisch, was ihre Kunden angeht. Verdienstnachweis, drei Monatsmieten Kaution und eine Bankbürgschaft sind üblich.
  • Vorsicht bei Zeitungsannoncen, die eine günstige Mietwohnung ohne Maklergebühr, nur mit fester Vermittlungsgebühr von ca. 150 € anbieten. Für diesen Betrag bekommt man oft nur Listen mit Wohnungen, die irgendwann in letzter Zeit angeboten wurden. Mittlerweile können sie wieder vermietet sein.

Kreditkarte und Papiere

In Frankreich sind Kreditkarten verbreitet. Wenn Sie ein Konto eröffnen, beantragen Sie am besten gleich die Karte mit.

Weit verbreitet ist die Visacard. Wählen Sie die Option „débit différé“, d.h., Abbuchung am Monatsende. Bei Sofortabbuchung wird jedes Mal die Genehmigung Ihrer Bank eingeholt und im Ausland ist das nicht immer möglich.

Achten Sie auf die Höchstsumme für Bargeldabhebungen im Ausland. Sie können bei Bedarf erhöht werden. Sonst kann es sein, dass Sie im Urlaub in Deutschland nur 500€ / Woche abheben können.

Holen Sie sich am besten noch in Deutschland einen neuen Reisepass. So haben Sie ein für 10 Jahre gültiges Dokument und zögern eine teurere Neuausstellung in Frankreich hinaus.

Stellensuche und Arbeit

Oft werden Bewerber gesucht, die außer dem Abitur eine 2-4 jährige Studienzeit absolviert haben. Bac+2 oder Bac+4 geben die Jahre/ Studienabschlüsse an. Egal, ob Berufserfahrung erwünscht oder vorausgesetzt wird, bewerben Sie sich. Auch wenn Sie nicht alle Bedingungen erfüllen und sich nur wenige Bewerber melden, senken manche Unternehmen ihre Ansprüche. Mehr als eine Absage kann’s nicht geben.

Das Bewerbungsschreiben soll oft hanschriftlich vorliegen – damit werden graphologische Gutachten des Bewerbers erstellt.

Mit wenigen Ausnahmen (wie Polizei, Militär) steht der französische Arbeitsmarkt Deutschen offen. Die Gehälter sind verglichen mit Deutschland überwiegend niedrig.

Eine französische Eigenheit: Nettogehalt ist ja das, was Sie am Monatsende ausbezahlt bekommen. Davon müssen in Frankreich aber noch Steuern (außer Sozialversicherung) abgeführt werden. Das wird, anders als in Deutschland, nicht schon im Vorfeld zentral gemacht.

Die Zuzahlungen sind mit bis zu 30 Prozent für Arztkosten und 66 Prozent für Medikamente deutlich höher als in Deutschland. Andererseits sind die Arbeitnehmerbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung niedriger als hierzulande.

Nachdem Sie 6 Monate in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, haben Sie Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Kinderbetreuung in Frankreich ist arbeitnehmerfreundlich: Ab dem dritten Lebensjahr kommt jedes Kind kostenlos in die Ganztagsvorschule (ècole maternelle).

Rundfunkgebühren

Auch in Frankreich gibt es eine GEZ-ähnliche Zwangsgebür für Rundfunk. Diese Gebühr muss bezahlt werden muss, sobald man einen Fernseher hat – egal ob man französische Programme sieht oder nicht.

Wenn Sie den Fernseher in Frankreich kaufen, meldet der Verkäufer ihre Daten automatisch an die französische Gebühreneinzugzentrale – Sie müssen sich um nichts kümmern.

Politik

Frankreich ist eine zentralistisch organisierte Demokratie. Einen Föderalismus wie in Deutschland – starke Bundesländer und bedeutende Großstädte – kennt Frankreich nicht. Victor Hugo sah Paris als „Zentrum der Zivilisation“ an und daran hat sich bis heute nicht viel geändert. In der Verfassung nimmt der direkt gewählte Staatspräsident eine starke Stellung ein. Er ernennt den Premierminister und die Minister, hat gegenüber Gesetzbeschlüssen des Parlaments ein Veto-Recht und kann die Nationalversammlung auflösen.

François Hollande ist seit 2012 der 24. Staatspräsident der Französischen Republik. Die Sozialistische Partei (PS) ist somit (wieder einmal) Regierungspartei. Die großen Unterschiede zwischen französischer und deutscher Mentalität zeigen sich u.a., wenn man in die Wikipedia schaut. Der Abschnitt über Hollandes Herkunft beginnt mit dem Satz: „Protestantische Vorfahren der später katholischen Familie Hollande waren vor 400 Jahren aus den habsburgischen Niederlanden eingewandert.“ Man stelle sich vor, Frau Merkel würde nach ihrer Herkunft gefragt und sie antwortet, „Also es fing an mit Martin Luther …“ Aber ein französischer Präsident, auch wenn er laut Parteibuch Sozialist ist, ist zuerst Franzose. Also jemand, der den großen Dynastien nahesteht. Und kein Kind eines protestantischen Landpfarrers! – Aber jetzt genug von dem Thema.

Nizza, die Blaue Stunde
Über den Dächern von Nizza. Die Blaue Stunde.

Webtipps

letzte Bearbeitung: 13.07.2021

2 Kommentare

  1. Schulpflicht
    In Frankreich herrscht keine Schulpflicht? Aus welchem Jahr(hundert) sind denn diese Informationen?!

    Ich zitiere Wikipedia: „Seit 1967 herrscht Schulpflicht bis zum 16. Lebensjahr.[14]“

    Antworten
    • Schulpflicht
      Das stimmt schon. In Frankreich herrscht Bildungspflicht, was oft fälschlicherweise als Schulpflicht übersetzt wird. Das, was man in Deutschland unter Schulpflicht versteht, müsste eigentlich Schulzwang heissen, da es keine Alternative zur Schul-anwesenheits-Pflicht gibt und sie mit Polizeigewalt bzw Sorgerechtsentzug durchgedrückt wird, egal wie gut die Bildung der Kinder ist. Die französische „Schulpflicht“ kann aber sehr wohl durch Unterricht durch die Eltern erfüllt werden. Die Gesundheit und Entwicklung der Kinder wird in diesem Fall regelmäßig (einmal pro Jahr) überprüft.

      Und das ist der Grund warum wir bald nach Frankreich davonschwirren – der deutsche Schulzwang, und und unsere – nicht damit vereinbare Überzeugung, dass schulische Bildung zu Konformität und Unbildung führt. 🙂

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