Auswandern in die Slowakei – ein Land für Selbstversorger

Sie haben Startkapital? Und Sie suchen eine Heimat mit niedrigen Lebenshaltungskosten? Dann könnte Ihnen die Slowakei gefallen. Gleich um die Ecke: ein Land für Selbstversorger, die sich an der Peripherie Europas wohlfühlen. Oder für Pensionäre, die Bescheidenheit und Natur lieben.

Krivan
Der Berg Kriváň, inoffizielles Symbol der Slowakei | Foto: © Achernar

Die Slowakei ist ein Binnenland. Sie grenzt im Westen an die Tschechische Republik und Österreich, im Norden an Polen, im Osten an die Ukraine und im Süden an Ungarn.

Steckbrief: Die Slowakei in Zahlen

DatenKommentar
Amtssprache: Slowakisch
Hauptstadt: Bratislava (Pressburg)nur 55 km bis Wien!
Fläche: 49.035 km²Bayern: 70.000 km²
Einwohnerzahl: 5.457.873(2019)
Bevölkerungsdichte: 111 Einw. je km²(Deutschland: 233/km²)
BIP je Einwohner: 34.202 USD#45 weltweit, n. KKP
Human Development Index: 0,86#39 weltweit
Deutsche im Land: 4.300 Eurostat 2021
Ausländeranteil: 3,3 %lt. UNO von 2015
St. Elisabeth Kirche in Bratislava
Sankt-Elisabeth-Kirche, erbaut 1907/1908. Aufgrund ihrer Fassadenfarbe auch „Die Blaue Kirche“ genannt. Sie befindet sich in der Altstadt von Bratislava und gilt als ein Wahrzeichen der Slowakei.

1993 – 2005: Der slowakische Aufbruch

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Die jüngere Geschichte der Slowakei ähnelt dem Märchen vom hässlichen Entlein: Noch zu Beginn der Neunzigerjahre lag das Land darnieder. Bis zum Fall des Eisernen Vorhangs war die CSSR (umgangssprachlich: Tschechei) ein Moskauer Marionettenstaat. Erst 1993 wurde sie unabhängig (Trennung der Tschechoslowakei in Tschechei und Slowakei). Und noch weitere fünf Jahre regierte dort ein konvertierter Altkommunist. Ein wenig hoffnungsvoller Start…

Doch 1998 kam die Stunde der Reformer. Eine neue Regierung unter Präsident Dzurinda holte Ivan Mikloš an die Spitze des Wirtschaftsministeriums.

Karte der Slowakei
Karte der Slowakei

Der Aufschwung

Mikloš brachte eine liberale und pragmatische Wirtschaftspolitik auf den Weg. Sein Spitzname wurde „Mister 19 Prozent“ wegen seiner liberalen Steuerpolitik.

  • Er kappte die erfolglosen Konjunktur-Programme der Vorgänger.
  • Er forcierte den Wechsel der Staatsbetriebe in private Hand.
  • Er holte westliche Investoren ins Land.

Und das wohl wichtigste für die Slowakei war Miklos‘ Währungs- und Finanzpolitik. Er setzte eine 19 Prozent – Flat-Tax durch. Damit wurde die Slowakei zu einem echten Niedrigsteuerland.

Die Einkommenssteuer, die Körperschafts- und Mehrwertsteuer lagen bei 19 Prozent. Die Kapitalertragssteuer, Erbschafts-, Grunderwerbs- und Schenkungssteuer wurden abgeschafft. Damit begannen die Boomjahre der blutjungen Slowakei. Doch stellte sich die Frage: Wie lange noch? (Die Flat-Rate Tax ist mittlerweile, 2017, wieder abgeschafft).

2006 – heute: Ein weiteres Sorgenkind der EU?

2006 gab es einen Regierungswechsel. Die neue Spitze hatte vor allem ein Ziel: die Abschaffung der 19-Prozent-Steuer.

Seit 2004 ist das Land EU Mitglied, seit 2009 zahlen Slowaken in Euro. Die Slowakei war bei der Osterweiterung eines der Musterländer Osteuropas. Gerade kleine Länder im Baltikum (Littauen, Lettland) oder die Slowakische Republik atmeten Morgenluft und wollten unbedingt in die neue Zeit. Jedes Jahr gibt der Staat anderthalb Milliarden mehr aus, als er einnimmt (Quelle: CIA World Factbook).

Die jährlichen Zuschüsse der EU an die Slowakei lagen 2015 bei 3,74 Milliarden EUR; die Slowakei zahlte 0,61 Milliarden EUR in die EU Kasse. Das soll nicht heißen, dass das Ländchen am Tropf von Brüssel hängt. Nein, nein. „Die finanziellen Beiträge der Mitgliedstaaten zum EU-Haushalt sind entsprechend ihrer Mittel gerecht verteilt. Je größer die Wirtschaft eines Landes, desto höher sein Beitrag – und umgekehrt. Ziel des EU-Haushalts ist nicht die Umverteilung von Wohlstand, sondern der Schutz der Bedürfnisse aller Europäerinnen und Europäer in ihrer Gesamtheit.“ So redet sich die EU die Welt schön. Es klingt ganz ähnlich der Ideologie, von der die Slowaken sich 1989 befreit zu haben glaubten. War’s das also erst einmal mit dem Boom? Ja. Ist die Slowakei auch nur ein weiteres Sorgenkind der EU? Das muss sich noch zeigen.

Wirtschaft

Werfen wir noch einen Blick auf die Wirtschaft. Die Inflationsrate liegt bei 0,10%, die Arbeitslosenrate bei 14,4%. Als Einwanderer ist Ihnen der Arbeitsmarkt de facto verschlossen. Es sei denn, Sie wurden vom Arbeitgeber entsendet, oder Sie haben persönliche Kontakte. Es gibt eine nationale Armutsgrenze; 21% der Slowaken leben unterhalb dieser Grenze.

Den zweitgrößten Anteil am BIP hat die Industrie mit 30,00%, führend ist der Dienstleistungssektor mit 66,60%. Dienstleistungen heißt zum großen Teil: Tourismus. Er ist der Slowaken liebes Kind. Im Jahr 2012 kamen 6.235.000 Urlaubsgäste. Und sie brachten (bzw.: sie ließen) 2.619.000.000 USD.

Handel und Preise

Der wichtigste Handelspartner der Slowakei ist Deutschland, noch vor der Tschechischen Republik und Polen. Wenn Sie das lesen, können sich die Auswanderer in spe freuen: Gute Lage, unerschlossene Märkte grenzen an die Slowakei, man kauft billig in Budapest ein und verkauft mit Gewinn über eBay oder in Dresden … Aber halt! Zu früh gefreut, leider. Die Handelsbilanz bekommt ihr Gewicht durch den Automobilbau: In der Slowakei lassen Volkswagen, Kia und PSA Peugeot Citroen bauen. Relationiert man die in der Slowakei produzierten Autos mit der Einwohnerzahl, ist das Land Euroaps Autohersteller Nr.1.

Also geben Sie den Gedanken auf, mit ungarischer Wurst und ukrainischen Sonnenblumenkernen den Handel aufzumischen. Vielleicht lässt sich die Lage als Umschlagplatz von Ost- nach Mitteleuropa in Marktnischen nutzen. Doch ein Geheimtipp für das große Geld ist das nicht; wir reden auch hier über Geschäfte, die ein Zubrot für Selbstversorger abwerfen.

Die Währung ist, wie schon gesagt, der Euro. Der Durchschnittslohn beträgt in der Slowakei 890 Euro/ Monat. Vielleicht ist der Selbstversorger doch eine Perspektive. Die Preise und Lebenshaltungskosten sind im Durchschnitt etwas niedriger als in der Bundesrepublik. Hier einige Preisbeispiele, die ich im Internet fand, ohne Gewähr: Eine Suppe bekommt man für 1,50 EUR, ein Hauptgericht 4 bis 7 EUR; Bier 1,50 EUR, Brot 1,20 EUR, Tasse Kaffe 2 € (ländliches Gebiet, 2017). In den Städten sind die Preise höher.

Land zwischen Tatra und Donau

Die Slowakei ist ein kleines Land, sie kommt mit 2/3 der Fläche Bayerns aus. Vieles davon sind Gebirge. Außerdem ist die Bevölkerungsdichte nur halb so hoch wie in Deutschland. Ahnen Sie es? Dieses Land ist ein Naturparadies. In den Gebirgsregionen der slowakischen Karpaten wurden 9 Nationalparks und 16 Landschaftsschutzgebiete angelegt. Man findet hier Hochgebirge und erloschene Vulkane, steile Schluchten und Höhlen, wasserreiche Bergbäche und Wasserfälle und Mineralquellen. Im Süden ist das Land flach, durch Bratislava fließt die Donau. Der Höhenunterschied zwischen dem höchsten (2654 m) und dem tiefsten Punkt des Landes (94 m) begünstigt verschiedene Klimate, Wetterlagen, Tier- und Pflanzenwelten.

Klima und Wetter

Die Slowakei liegt in der warm gemäßigten Klimazone. Sie bildet die Grenze zwischen dem atlantisch beeinflussten und dem kontinentaleuropäischen Klima. Der Süden und Südwesten des Landes weisen trockene und warme Klimate auf. Die Wetterverhältnisse sind in den Ebenen stabil. Die Gebirgsregionen sind niederschlagsreicher und kühler; das Wetter in den Bergen wechselt häufig und schnell.

Bevölkerung

Die meisten Einwohner (85,8 %) sind Slowaken. Die größte Minderheit sind die Ungarn mit 8,7 Prozent. Mit den Roma werden die Behörden nicht glücklich. Mal gelten die (Roma; nicht die Behörden) als Kriminelle, mal als die Indianer Europas; sie bilden 1,8 Prozent der Einwohner. Tschechen machen nur 0,8% aus, Deutsche 0,1%. 69 Prozent der Bevölkerung ist römisch-katholischen Glaubens. 7% sind evangelisch, 5% griechisch-katholisch und orthodox 5%. Nur 13% (wir sind in Osteuropa) sind konfessionslos.

Die Slowakei erlebte mehrere Auswanderungswellen. Die letzte große war die der 1890er Jahre, also schon lange her. Damals ging es in die USA. Ein klassisches Auswanderungsland ist die Slowakei dennoch nicht. Kleines Bonmot der Geschichte: Der amtierende Präsident Andrej Kiska wanderte in die USA aus. Er kam zurück, wurde Schmuckhändler, Banker und Politiker. Vom Tellerwäscher zum Millionär – „Ach, dann werd‘ doch gleich noch Präsident!“

Wichtige Städte

In der Regierungserklärung 2016 wird festgestellt, dass die Städte reicher als der Rest sind. Die ländlichen Gebiete sind z.T. bitterarm. Was verspricht die Regierung? Das meiste Geld in die ärmsten Gebiete zu pumpen. Nach sechzig Jahren Erfahrung mit „Entwicklungshilfe“ nicht sehr originell; man könnte es besser wissen. Ich trage Ihnen das vor, weil es helfen kann, ein allzu rosiges Idealbild zu erden. Träumen Sie vom neuen Leben – das ist schön! Nur hängen Sie nie der Illusion an, dass Sie nach dem Wechsel der Staatsgrenze in ein Paradies kommen – so ein Glaube ist fatal.

Die größte Stadt ist Bratislava (429.000 Einwohner). Die Stadt liegt an der Donau. Bratislava hat eine lange Geschichte. Hier waren die Kelten, Römer, später Deutsche oder Ungarn – die Stadt ist 2000 Jahre alt. Die zweitgrößte Stadt ist Košice (236.000). Neun weitere Städte haben über 50.000 Einwohner. Danach beginnt die Provinz.

Pro und Contra

Für die AuswanderungGegen die Auswanderung
dünne Besiedlung, besonders im Osten der Slowakei. Hier ist billiger Landerwerb möglich13% Arbeitslosigkeit, teils schlecht entwickelte Infrastruktur
geringe Lebenshaltungskostengeringere Löhne; Konsum- und Lebensbedingungen unter deutschem Normalmaß
Autarke Lebensweise in ländlichen Gebieten ist möglichFür Auswanderer,die weder Kapital noch Rente mitbringen, ist das Leben als Selbstversorger ein Muss.
Abgeschiedenheit und Ruhe
geografische Nähe und leicht zu erwerbende AufenthaltserlaubnisSprachbarriere. Slowakische Sprachkenntnis erforderlich

Webtipps

letzte Bearbeitung: 02.11.2021

1 Kommentare

  1. Slowakei oder besser Tschechien?
    Gewiss kann man in der Slowakei günstig Land kaufen. Wenn man aber mal Heimweh bekommt, dann läge Tschechien doch deutlich näher an Bayern und Sachsen. Wer sich für den Kauf eines Baugrundstücks mit genehmigter Planung für ein Einfamilienhaus in direkter Grenznähe am Stausee Skalka bei Cheb (Eger) interessiert, kann sich gerne bei mir melden. Ich bin selbst der Eigentümer. In der kleinen Stadt Cheb mit einem schönen Marktplatz gibt es sogar einen grossen Kaufland Supermarkt. Man fühlt sich gleich wie zu Hause, nur sind eben das Bier und viele Grundnahrungmittel günstiger. Ach ja, die Mwst. beträgt 20% oder 10%, die Einkommenssteuer und Steuer auf Kapitalerträge liegt bei 15%.

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